Montag, 25. Juni 2018

Betriebsrente wegen Erwerbsminderung rückwirkend zugebilligt

Eine Betriebsrente wegen Erwerbsminderung ist auch rückwirkend zu gewähren. Das hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden (Az: 6 Sa 983/16).

Der Kläger war vom 02.03.1973 bis zum 30.09.2005 bei einer Firma beschäftigt und hatte in diesem Zeitraum eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente (Pensionskasse) in Höhe von 540,80 Euro erworben.

Die Deutsche Rentenversicherung bewilligte dem Kläger im Widerspruchsverfahren mit Bescheid vom 03.11.2015 rückwirkend zum 01.02.2013 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 23.11.2015 bei der Beklagten eine Betriebsrente. Von der Pensionskasse wurde ihm ab 01.11.2015 eine Rente in Höhe von 540,80 Euro bewilligt. Die vom Kläger weitergehend begehrte rückwirkende Bewilligung zum 01.02.2013 lehnte die Pensionskasse ab.

Das Landesarbeitsgericht sprach dem Kläger rückwirkend zum 01.02.2013 eine Betriebsrente zu. Dem klagenden Versicherten wurde eine Nachzahlung von 33 Monatsrenten in Höhe von 21.783,96 Euro brutto zugesprochen.

Der Versicherte einer Pensionskasse, welcher das Glück hat, dass die Erwerbsminderung sofort zutreffend erkannt und bescheinigt wird, erhält eine Betriebsrente, während der andere Versicherte der Pensionskasse, bei dem das Vorliegen einer Erwerbsminderung zunächst verkannt wird, keine Leistungen ab Eintritt des Versorgungsfalls beziehen kann.

Diesem Nachteil stehen keine billigenswerte und schützendswerte Interessen der Pensionskasse zu dem Kläger gegenüber.

Jede Benachteiligung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen werden, sind unangemessen.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Revision zugelassen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 22.12.2017, Az: 6 Sa 983/16






Dienstag, 5. Juni 2018

FRG - Nach Neufeststellung 632,18 Euro Nachzahlung

Heute war ein Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg in der Post. Eine Spätaussiedlerin aus Kasachstan erhielt für den Zeitraum von Oktober 2016 bis Juni 2018 eine Nachzahlung in Höhe von 630 Euro.

Für die Beschäftigungen im Herkunftsgebiet von 1976 bis 1989 wurde an Stelle der Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) die Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabsolvent) anerkannt.

Meine Mandantin hat seinerzeit angegeben, dass sie in ihrer Beschäftigung technische Zeichnungen angefertigt hat. Daher wurde sie in Ihrer Tätigkeit als Technische Zeichnerin eingestuft, was unter Bezug auf das Ausbildungssystem der ehemaligen DDR zu einer Beurteilung als Facharbeiter führte.

Namens und im Auftrag meiner Mandantin habe ich einen Überprüfungsanstrag gemäß § 44 SGB X eingereicht und begründet. Laut Arbeitsnachweis wurde sie als Technikerin-Konstrukteurin und später als Cheftechnikerin-Konstrukteurin eingesetzt.

Tipp: Ich empfehle den Rentenbescheid bei FRG Zeiten unbedingt prüfen zu lassen. Jeder zweite Rentenbescheid ist bei Spätaussiedlern fehlerhaft.

Sonntag, 3. Juni 2018

Kein Anspruch auf vorgezogene Altersrente und Betriebsrente

Am Freitag hatte ich einen Mandanten aus dem Bodenseeraum. Thema der Beratung war:

Frühestmöglicher Rentenbeginn und betriebliche Altersversorgung.

Mein Mandant war seit 2003 Fremdgeschäftsführer und hatte sich von der Renten- und Arbeitslosenversicherung befreien lassen. Die Finanzgesellschaft, die den Mandanten bezüglich Erstattung der Rentenversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge unterstützt hatte, erhielt 12,5 Prozent der Erstattungssumme.

Anstatt der RV-Beiträge wurden 4 Verträge mit insgesamt 750.000 Euro betriebliche Altersversorgung abgeschlossen. In den Versicherungsverträgen wird auf § 6 BetrAVG hingewiesen.

Die betriebliche Altersversorgung leistet erst bei einer Rentenleistung der vorgezogenen gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Analyse der Rentenauskunft mit dem Versicherungsverlauf ergab Versicherungszeiten bis 2003. Danach wurden keine Beiträge mehr eingezahlt. Laut meinem Mandanten erfolgte kein Hinweis auf Zahlung von freiwilligen Mindestbeiträgen, um die Wartezeit von 420 Monaten für die vorzeitige Altersrente mit 63 Jahren zu erfüllen.

Wegen der Koppelung der betrieblichen Altersversorgung ( § 6 BetrAVG) mit der gesetzlichen Rentenversicherung hat mein Mandant erst mit 65 Jahren und 10 Monaten Anspruch auf die betriebliche Altersversorgung.

Wegen einer gleichzeitigen Kündigung seines Geschäftsführervertrages sitzt mein Mandant nun auf dem "Trockenen".

Fazit: Beratungen wegen Befreiung von Rentenversicherungspflicht gehören    in die Hände von Rentenberatern.

Donnerstag, 26. April 2018

Fehlende Verzinsung bei Rentenverfahren nach § 44 SGB I über 2.792,27 Euro

Nach einem mehrjährigen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg erhielt meine Mandantin von der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Bescheid bezüglich einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einer Nachzahlung von 43.072,95 Euro.

Auf Seite 6 des Bescheides steht: "Falls eine Verzinsung in Betracht kommt, erhalten Sie eine weitere Mitteilung".

Bei der Abrechnung der Rentennachzahlung steht: "Der Rentennachzahlungsbetrag von 42.251,92 Euro wird auf Ihr Konto überwiesen. Falls eine Verzinsung in Betracht kommt, ergeht noch weitere Nachricht".

Nachdem 8 Wochen nach dieser Mitteilung keine weitere Nachricht bezüglich Verzinsung eingegangen ist, habe ich den Antrag gestellt, die restliche Rentennachzahlung zu verzinsen.

Mit Bescheid vom 09.02.2017 wurde die Verzinsung der Nachzahlung abgelehnt. Gegen die Ablehnung der Verzinsung habe ich am 11.12.2017 Widerspruch eingereicht. Nach einer Sachstandsanfrage mit Hinweis auf die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage habe ich am 17.04.2013 einen Bescheid bezüglich Verzinsung nach § 44 SGB I erhalten.

Für den Zeitraum vom 01.03.2013 bis 31.10.2016 wurde ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von insgesamt 2.792,27 Euro festgestellt. Der Zinssatz beträgt 4 %.

Fazit: Bei Rentengewährungen mit einer Rentennachzahlung immer die Zinsen beantragen.
Hilfsweise einen Widerspruch einreichen. Aus meiner Sicht wird die Verzinsungg der restlichen Rentennachzahlung häufig nicht mehr veranlaßt.




Samstag, 20. Januar 2018

Betriebsprüfung bei Physiotherapiepraxis durch Deutsche Rentenversicherung


In letzter Zeit prüft die Deutsche Rentenversicherung bei Betriebsprüfungen die Fremdleistungen. Auf dem Schirm sind die freiberuflichen Physiotherapeuten.

Die freiberuflichen Physiotherapeuten arbeiten in einer fremden Praxis, haben keine eigene Kassenzulassung und geben durchschnittlich 30 % ihrer Umsätze als Praxisaufwendungen an den Praxisinhaber ab.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.

In einer Entscheidung des BSG vom 24.3.2016, Aktenzeichen B 12 KR 20/14 R wurde dargelegt, dass die Kassenzulassung kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung sei. Soweit der Erstkontakt über den Praxisinhaber stattfindet gilt dies als starkes Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Anders sieht es aus, wenn es sich um Kunden des freiberuflichen Physiotherapeuten handelt (Urteil BSG vom 14.9.1989, Aktenzeichen 12 RK 64/87).

Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts.

Es ist hilfreich vor einer Statusanfrage mit einem auf Statusverfahren spezialisierten Rentenberater oder Fachanwalt für Sozialrecht die Umstände des Einzelfalles zu besprechen um eine Beitragsnachforderung zu vermeiden.

Derzeit bearbeite ich zwei Fälle mit Beitragsnachforderungen von 33.000 Euro und 58.000 Euro.