Er war bei der Firma Daimler beschäftigt und hat eine Abfindung zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angenommen, bezog Arbeitslosengeld und jetzt Arbeitslosengeld II. Seinen Worten nach hat er bereits mehrmals erfolglos versucht einen Rentenantrag wegen Erwerbsminderung durchzusetzen.
Aus der Erstberatung geht hervor, das er an einem multimorbiden Krankheitsbild leidet (2 Schlaganfälle, diabetische Polyneuropathie, Schlafapnoe, Schmerzen). Im letzten Gutachten eines Professors auf dem Fachgebiet der Neurologie wurde ihm eine Täuschungshandlung unterstellt (Finger zur Nase beim zweiten Mal nicht getroffen).
Seine Rechtsanwältin regte ein Gutachten nach § 109 SGG an. Ich riet davon ab. Begründung der Verweisbarkeit auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt für leichteste Tätigkeiten. Ohne Nachweis eines Leidensdruck und vorheriger ständiger psychiatrischer Behandlung wäre ein 109-Gutachten wenig hilfreich.
Trotz Schlafstörungen, starker Müdigkeit, Antriebsmangel, sozialer Rückzug und Stimmungsschwankungen sei er noch nicht in psychiatrischer Behandlung gewesen. Sein Hausarzt empfahl ihm bereits vor Jahren eine Psychotherapie. Auf die Frage warum er noch nicht bei einem Psychiater in Behandlung sei, sagte er "er sei doch nicht verrückt".
Ich machte ihm den Unterschied zwischen den psychosomatischen Erkrankungsbildern und schweren psychiatrischen Krankheitsbildern auf und regte eine stationäre Behandlung in der Michael-Balint-Klinik im Schwarzwald an. Die Balint Klinik ist eine psychosomatische Klinik, in der unter anderem Eßstörungen, Angststörungen, Zwangsstörungen, Schmerzsyndrome, Schlafstörungen, Depressionen behandelt werden.
Die Einzel-psychotherapie als auch die Gruppentherapien erfolgen in türkischer Sprache. Im Rahmen dieses Konzeptes sind u.a. drei türkische Ärzte zwei Psychologen und ein türkischsprachiger Gestaltungstherapeut in der stationären Tätigkeit eingebunden
Ich regte den türkischen Mandanten an, seinen behandelnden Hausarzt von der muttersprachlichen Behandlung türkischer Migranten in der Balint Klinik zu informieren. Die psychotherapeutische Behandlung sollte wichtiger sein als das anhängige Rentenverfahren.
Zum Schluss gab ich ihm noch Tips für seine Anwältin für das Berufungsverfahren mit auf den Weg.
Seine Tochter sagte mir das es schade sei, das sie mich nicht vor Jahren wegen der Rentensache ihres Vaters aufgesucht habe, dann hätten sie sich wohl ihren Worten nach manchen Ärger sparen können.