Sonntag, 6. Februar 2011

Der Status der Selbständigen im Sozialversicherungssystem - Quo vadis Selbständgkeit?

Der Selbständige ist häufig mit der gesetzlichen Sozialversicherung konfrontiert. Der Gesetzgeber hält die Freiberufler (Freelancer), Einzelunternehmer und Minderheitsgesellschafter für sozial schutzwürdig. Für die Zukunft wird erwartet, daß der Gesetzgeber alle Selbständige in der Rechtsform des Einzelunternehmens versicherungspflichtig macht, um eine Altersarmut dieser Personengruppe zu vermeiden und um die Pesonengruppe der Versicherungspflichtigen zu vergrößern (Vorbild hierzu ist die Schweiz). Ansätze sind in der bisherigen Regelung des § 2 SGB VI zu erkennen.

Folgende Personengruppen sind grundsätzlich versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung:
  1. Der Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF),
  2. Der Familienangehörige eines Selbständigen,
  3. Der selbständige Handwerker,
  4. Der selbständige Lehrer,
  5. Der selbständige Physiotherapeut oder Masseur,
  6. Der Arbeitnehmerähnliche Selbständige,
  7. Der Scheinselbständige
Zu 1: Der Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF):

Ein GGF ist nicht in der gesetzlichen Sozialversicherung versicherungspflichtig, soweit er Alleingesellschafter oder Mitgesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 50 % ist.
Bei einem Gesellschaftsanteil von weniger als 50 % wird grundsätzlich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung angenommen. Ausnahmen können sich bei Familien-GmbH und bei sehr hohem Unternehmerrisiko ergeben.

Empfehlung: Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Gesellschaftsanteil von weniger als 50 % sollten einen Antrag auf Prüfung des Versicherungsstatus stellen. Dieser Antrag sollte nicht ohne Hilfe eines Rentenberaters ausgefüllt werden.

Zuvor sollte abgeklärt werden, ob eine Versorgungslücke wegen privater Berufsunfähigkeit entsteht und ob gesundheitliche Gründe entgegenstehen können. Bei einem Bandscheibenschaden oder einer früheren Psychotherapie wird keine Versicherung eine BU-Police entgegennehmen. Bei gesundheitlichen Problemen kann ein Antrag auf Versicherungspflicht für Selbständige die Alternative sein. Hierzu ist unbedingt vorher eine Beratung notwendig. Ebenso verhält es sich bei einer privaten Krankenversicherung. Ab dem 55. Lebensjahr können privat Krankenversicherte nicht mehr zurück in die gesetzliche Krankenversicherung.

Ohne Statusantrag kann die Agentur für Arbeit einen Antrag auf Arbeitslosengeld wegen Selbständigkeit ablehnen. Die vorherigen Sozialversicherungsbeiträge für die Agentur für Arbeit wären umsonst eingezahlt und würden nur für die letzten 4 Jahre erstattet. Ich habe 2010 gegen eine Ablehnung des Arbeitslosengeldes für einen Selbständigen einen Widerspruch eingereicht.

Zu 2: Familienangehörige eines Selbständigen:
Familienangehörige eines Einzelunternehmers wie Ehegatte, Sohn, Tochter oder Geschwister können bei einer Vorliegen von erheblichem Unternehmerrisiko selbständig sein ohne selbst ein Gewerbe angemeldet zu haben. Früher wurden viele Statusanträge positiv von den gesetzlichen Krankenkasse beschieden und bis zu 30 Jahre zurück Beiträge erstattet worden. Im Rahmen knapper Sozialversicherungskassen werden die Statusanträge bezüglich selbständiger Tätigkeit häufig abgelehnt. Soweit dennoch ein Antrag für eine selbständige Tätigkeit durchgeht, werden nur noch maximal für 4 Jahre zurück die Sozialversicherungsbeiträge erstattet.

Im übrigen gilt alles, was in Ziffer 1 angesprochen wurde, wie unbedingt einen Antrag auf Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status zu stellen vor dem Hintergrund, das die Agentur für Arbeit ansonsten einen Antrag auf Arbeitslosengeld ablehnen könnte.

Zu 3: Der selbständige Handwerker:

Der selbständige Handwerker mit der Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle (Abteilung A) in der Rechtsform des Einzelunternehmers ist in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Er kann sich nach Vorliegen von 216 Monaten Pflichtbeiträgen auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien.

Alternativ kann eine Kapitalgesellschaft wie die GmbH gegründet werden, um eine Versicherungspflicht zu vermeiden.

Ob sich der selbständige Handwerker sich für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung oder für eine private Altersversorgung entscheidet, hängt von bestimmten persönlichen Voraussetzungen wie Alter und Gesundheit ab.

Zu 4: Der selbständige Lehrer:

Selbständige Lehrer sind Personen, die durch Erteilung theoretischen oder praktischen Unterrichts Allgemeinbildung oder spezielle Kenntnisse vermitteln. Hierzu gehören Lehrer, Pädagogen, Ausbilder, Dozenten oder Lehrbeauftragte. Zu den Lehrtätigkeiten zählen auch Tennis-, Ski, Reit- und Golflehrer, Aerobic-Trainer, Sprachlehrer, Tanzlehrer, Surflehrer, Fahrlehrer. Zu den selbständigen Erziehern zählen auch "Tagesmütter".

Keine Versicherungspflicht tritt ein, wenn nur eine geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt wird oder ein versicherungspflichtiger Beschäftigter angestellt wird.

Zu 5: Der selbständige Physiotherapeut:

Der selbständige Physiotherapeut ist ebenso wie die selbständigen Ergotherapeuten, Krankengymnasten und medizinische Bademeister, Heilpädagogen, Logopäden, Psychologen, Psychotherapeuten sowie Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten versicherungspflichtige Selbständige. Ebenso selbständige Krankenschwestern, Kinderkrankenschwestern, Krankenpfleger, Krankenpflegehelfer oder Masseur.

Soweit eine versicherungspflichtiger Beschäftigter angestellt wird, entsteht keine Versicherungspflicht bei obengenannten Personengruppen.

Personen, die den Beruf eines freipraktizierenden Heilpraktikers ausüben, sind nicht versicherungspflichtig.

Zu 6: Der Arbeitnehmerähnliche Selbständige:

Der Arbeitnehmerähnliche Selbständige ist ein Selbständiger, der auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist. Bei Handelsvertretern ist der Auftraggeber der Prinzipal und nicht der Kunde, so dass eine Versicherungspflicht ach dann eintritt, wenn der Handelsvertreter verschiedene Produkte anbietet und mit einer Vielzahl von Kunden Verträge abschließt.

Im wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, wer den überwiegenden Teil der Betriebseinnahmen (= 5/6) von ihm erhält.

Keine Versicherungspflicht tritt ein, wenn im Zusammenhang mit seiner selbständigen Tätigkeit regelmäßig ein versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt wird.

Der Existengründer kann sich für einen Zeitraum von drei Jahren auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen. Eine weitere Befreiung erfolgt nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger versicherungspflichtig werden.

Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an.

Zu 7: Der Scheinselbständige:

In Zeiten knapper Kassen in der gesetzlichen Rentenversicherung steht jeder Freelancer, wie es heutzutage Neudeutsch heißt, vor dem Problem der Statusprüfung der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Problem tritt vor allem nach Betriebsprüfungen bei Kunden der Freelancer auf. Oder der Auftraggeber besteht auf eine Statusprüfung.

Bei den Scheinselbständigen handelt es sich in der Regel um wirkliche Selbständige mit einer Gewerbeanmeldung, die aber hauptsächlich in der Arbeitsorganisation des Kunden arbeiten oder gar die Arbeitsgeräte und Maschinen oder Arbeitskleidung des Kunden nutzt. Ich selbst habe derzeit die Angelegenheiten eines Grafikers, Licht- und Tontechnikers in einem gerichtlichen Verfahren zu vertreten.

Bevor ein Statusantrag bei der Deutschen Rentenversicherung eingereicht wird, empfiehlt sich eine Erstberatung bei einem Rentenberater wahrzunehmen. Ich möchte das Statusverfahren in diesem Hinblick mit dem Strafrecht vergleichen, in dem der Strafrechtler auch keinen Kontakt mit der Behörde vor einer Erstberatung empfiehlt.




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